Digitale Ökosysteme erleichtern die Zusammenarbeit und die effiziente Organisation von Prozessen. Sie befähigen die Mitarbeitenden und sorgen dafür, dass sich die Marktteilnehmerinnen auf ihre Kernkompetenzen konzentrieren können. Tiefere Transaktionskosten bedeuten Wohlstandsgewinne bei den Anbietern und ihren Kunden – zumindest theoretisch, denn oftmals scheitern entsprechende Vorhaben. EcoHub, die im Mai 2020 lancierte zentrale Online-Plattform im Schweizer Versicherungs-, Vorsorge- und Brokermarkt, ist ein gutes Beispiel für die erfolgreiche und effiziente Umsetzung eines solchen komplexen Grossprojekts.

 

EcoHub ist das neue digitale Ökosystem der Versicherungs-, Vorsorge- und Brokerbranche der Schweiz und zählt über 6000 registrierte Benutzer. Die Plattform wurde von der Interessengemeinschaft B2B (IG B2B), der zahlreiche führende Schweizer Versicherer angehören, ins Leben gerufen. Das Projekt wurde von Beat D. Marbach, CEO nabooh GmbH, geleitet und in enger Zusammenarbeit mit dem Zürcher Softwarehaus SELISE, dessen technologische Umsetzung modernste Cloud-Funktionen aus dem Hause Microsoft umfasst, umgesetzt. Ziel von EcoHub ist, die Prozesse und Schnittstellen der Branche noch effizienter zu machen und einheitlicher zu gestalten sowie den Austausch in der Branche zu fördern und Synergien zu nutzen. Das durch EcoHub unterstützte und ermöglichte Gesamtvolumen (GMV) in den Bereichen Versicherung und Vorsorge beläuft sich jährlich auf mehrere Milliarden Franken. Die ersten Erfahrungen mit EcoHub sind gemäss Rückmeldungen äusserst positiv und die Plattform wird rege genutzt – so loggen sich an einem durchschnittlichen Geschäftstag knapp 2500 Nutzer ein.

 

 

Funktionalitäten

Die wichtigsten Funktionen von EcoHub umfassen:

  1. Kernfunktionalität: Zentrale Zugriffsverwaltung und Erteilung von Berechtigungen für die diversen Brokerportale der Schweizer Versicherer.
  2. Austausch von kunden- bzw. policenbezogenen DXP-Dateien: Stündlich werden über EcoHub zwischen 5000 und 10’000 sogenannte DXP-Dateien zwischen Broker-Systemen und Versicherungen transportiert. DXP ist eine von der IG B2B entwickelte Schnittstelle für den Austausch standardisierter Informationen, wie beispielsweise zu Policen oder Kunden.
  3. Hochflexible Schnittstelle für spezialisierte Softwarehersteller: Ein zentrales Augenmerk beim Bau der neuen Plattform wurde auf die zahlreichen Softwarehersteller gerichtet. Sowohl Gross- als auch Kleinstanbieter erhalten dank EcoHub einfach zugängliche Schnittstellen (API). Die Plattform stellt Integratoren auf Anfrage ein umfangreiches API-Management-Portal zur Verfügung, mit welchem sämtliche Integrationen durch ein Drittsystem etabliert werden können. Integratoren auf Seiten Versicherungen aber auch auf Seiten Broker können ihre Implementierungen auf einer hoch performanten Integerationsumgebung testen.
  4. «Software as a Service»-Neuheiten: EcoHub bietet Prozessvalidierung (EcoHub Judge), Schadsoftware-Scanning und Applikationsauditing als Services an. Dritthersteller können so die Gesetzes- und Industriekonformität ihrer Software garantieren. Programmleiter Beat D. Marbach erklärt: «Es war von Anfang an die Vision, mit diesem Projekt den Markt für neue, innovative Anbieter zu öffnen.»

 

Technologie

EcoHub wurde auf Basis der neuesten Plattform-Technologien entwickelt. Der Applikationskern besteht aus verschiedenen Microservices, die in C# geschrieben, containerisiert und über ein Kubernetes-Cluster orchestriert werden. Die diversen Identity-Prozesse, welche Drittapplikationen mit EcoHub verbinden, werden über AD B2C gesteuert. Dabei werden sowohl die neuesten als auch in die Jahre gekommene Access-Protokolle unterstützt. So kommuniziert EcoHub jederzeit parallel mit verschiedenen Dritten über OIDC/OAuth2 oder SAML 2.0. «Die von SELISE eingesetzte Cloud-Technologie ist nicht nur robust, sondern auch äusserst flexibel. Damit ermöglicht sie einen im Branchenvergleich wohl einzigartigen Integrationsgrad für alle angeschlossenen Teilnehmer, unabhängig von deren eigenen Systemen», so Beat Marbach, der auch die Architektur der Lösung verantwortet.

Die gesamte Plattform arbeitet eventbasiert, das heisst, sie persistiert Transaktionen statt Zustände. Dadurch lassen sich zu jedem Objekt alle Vorgänge bis zur Erstellung zurückverfolgen. Aufbauend auf diesem Event-Store wurde zugleich ein performanter Audit-Trail entwickelt, welcher neben Malware Scan und Prozessvalidierung auch den Systemen der über 1000 Mitgliedern zugänglich gemacht wird. Dabei kommt CosmosDB als Event-Store zum Einsatz. Die No-SQL Datenbank bietet mit ihrem Changefeed-Konzept die ideale Basis für eine Event-Driven-Architecture. Verteilt werden emittierte Events via Azure Service Bus, welcher auch für das Queuing der Identity Provisionierung in Drittsystemen eingesetzt wird.

Die Plattform wurde nach den Prinzipien der Verhältnismässigkeit konzipiert, was bedeutet, dass jeder Microservice seinem Bedarf entsprechend skaliert wurde. So werden drei Typen von Mikroarchitekturen eingesetzt:

  1. Serverless mit Azure-Funktionen für Transaktionsdienste, wie z. B. DXP, die nahezu kontinuierlich hoch- und herunterskalieren.
  2. CQRS für hochverfügbare Business-Objekte, wie z. B. Service Agreements, die mit markant unterschiedlichen Lasten auf Lese- und Schreibe-Operationen auskommen.
  3. Klassische MVC Architektur für Longtail-Funktionen, wie z. B. der Mitglieder-Export für die Administratoren.

Da die gesamte Plattform auch als Provisionierungs-Engine eingesetzt wird, werden Änderungen bei Nutzern und Organisationen über den Azure Service Bus an Drittsysteme verteilt.

 

Realisierung

Das Projekt EcoHub wurde von der IG B2B im vierten Quartal 2018 ausgeschrieben und im März 2019 an SELISE vergeben. «SELISE hat uns mit ihrer Erfahrung bei diversen Cloud-Applikationen im Unternehmensumfeld, der zeitnahen Umsetzungsmöglichkeit, dem innovativen Team und dem fairen Preis- Leistungsverhältnis überzeugt», sagt Michael John, Präsident der IG B2B. Die Projektsteuerung war direkt auf IG B2B- und SELISE-Geschäftsleitungsebene angesiedelt.  SELISE hat den Auftrag mit Entwicklerteams in Zürich und Dhaka umgesetzt. Dabei kam die Entwicklung aus der Insurtech Business-Unit, während heute der gesamte Plattform-Support von der SELISE 24/7 ITSM Crew gestemmt wird. «Bei uns heisst ITSM nicht nur technischer Support und DevOps, sondern auch die kontinuierliche Erweiterung unserer Applikationen auf Code-Ebene», sagt Julian Weber, CEO von SELISE. Das komplexe IT-Projekt wurde unter Einhaltung der Budget- und Zeitvorgaben abgeschlossen. Für Michael John ist dies mitunter ein Zeichen dafür, dass man in der gross angelegten Evaluationsphase «auf den richtigen Partner gesetzt» hat.

Die Plattform, die im Juni in den Betriebsmodus überging, wurde nicht auf grüner Wiese erstellt, sondern basiert auf der zehnjährigen Legacy von BrokerGate. Dies bedeutet, dass dem effektiven Go-Live am 5. Mai 2020, inmitten der Corona-Pandemie, eine mehrmonatige Migrationsphase voranging. Die Programmleitung hat für diese Phase zahlreiche Workshops mit über 300 IT-Verantwortlichen durchgeführt und tausende von Aufgaben digital über eine eigens dafür eingerichtete Programm-Management-Website beauftragt und monitorisiert. Dies war notwendig, um sämtliche 1021 Mitgliedsfirmen der IG B2B auf den Big-Bang-Systemwechsel vorzubereiten. Für den Big-Bang wurden zahlreiche ETL-Prozesse vorbereitet, welche Daten aus den Legacy-Systemen extrahierten und per EcoHub-API in die neue Lösung überführten. Dieser Migrationsprozess stellte dadurch zugleich auch die Datenvalidierung sicher. «Wir hatten ein Zeitfenster von fünf Tagen, inklusive Wochenende», erinnert sich Beat Marbach, der mit der Migration auch neue Supportprozesse und -systeme einführte.

Das First-Level-Support-Team der IG B2B war erwartungsgemäss bereits während der Migration ausserordentlich gefordert und konnte der Technikmannschaft dank des Einsatzes moderner Chat-Tools und agiler Methoden den Rücken freihalten. Im Betriebsmodus folgt SELISE dem klassischen Applikationsmanagement-Modell und hat die Kompetenzen Design, Transition und Support auf unterschiedliche Kompetenzträger verteilt. Das bereits in der Entwicklung etablierte Steering-Team mit Repräsentanten beider Organisationen wird neu als Change-Advisory-Board fungieren.

Aus Sicht von IG B2B und SELISE handelt es sich bei EcoHub um ein modellhaftes Grossprojekt für die Digitalisierung einer ganzen Branche. Ähnliche Versuche in anderen Wirtschaftszweigen waren nur selten von Erfolg gekrönt. Für die gelungene Umsetzung von EcoHub waren einerseits das Business-Leadership der IG B2B und andererseits die technologische Erfahrung und die fortschrittliche Systemarchitektur von SELISE entscheidend. Diese strategischen Assets beider Partner haben dank eines gemeinsamen, eng verzahnten Projektmanagements die erfolgreiche Umsetzung von EcoHub ermöglicht.

 

 

Über IG B2B

Die 2003 gegründete IG B2B for Insurers + Brokers verbindet die Interessen von Versicherern, Brokern und Softwareherstellern in Bezug auf die Ausgestaltung des elektronischen Geschäftsverkehrs im Broker-, Versicherungs- und Vorsorgemarkt. Sie ist mit über 1000 Mitgliedern die grösste schweizerische Vereinigung von Brokern und Versicherern.

Mehr zur IG B2B: www.igb2b.ch

 

Kontakt:

Michael John, Präsident IG B2B

Michael.john@igb2b.ch

 

 

Über SELISE
SELISE ist ein stark wachsendes globales Tech-, Consulting- und Softwareunternehmen. Es konzipiert, entwickelt und betreibt digitale Portale und Plattformen für führende Unternehmen auf der ganzen Welt. Die Kernkompetenz sind App- und Cloud-basierte Lösungen für Marketing, Vertrieb und CRM in den Branchen Versicherungen, Gesundheit, Dienstleistungen, Industrie, Konsumgüter, Telekommunikation und Logistik. Zu den Kunden gehören unter anderen Swiss Life, UPC, Generali, Sunrise, Swica, Deutsche Bahn und Vorwerk. Das Unternehmen beschäftigt an den Standorten Zürich, Dubai, Dhaka und Thimphu (Bhutan) insgesamt 350 Kolleginnen und Kollegen.

 

Mehr zu SELISE: www.selise.ch

 

Kontakt:

Flurina Hammer, VP Financial Services

flurina.hammer@selise.ch